Was bedeutet es, Beraterin zu sein?
Das Consulting und Beraterkarrieren sind in den letzten Jahren ungebrochen hoch. Gleichzeitig hat sich das Beratergeschäft gewandelt und ist nicht mehr mit den Management-Beratungen der 2000er Jahre vergleichbar.
Ich werde oft gefragt: Wie wird man eigentlich Berater? Was macht eine gute Beraterin aus?
Jede*r Berater*in wird das für sich anders beantworten. Die Antwort ist natürlich vielschichtig. Ich könnte nun eine Reihe von Erkenntnissen, Zertifikaten und vergangene Erfolge aufzählen. Alles richtig und wichtig, aber für mich nicht genug.
Was legitimiert mich zur Beraterin?
- Wissen weitergeben, was sie mal gelernt hat, nach dem Motto „ich weiss es besser“
- Vergangene Best Practices kopieren und bei anderen Unternehmen „skalieren“
- Auf der Welle schwimmen und allgemeine Trends mitmachen
- Predigen, was jetzt richtig ist
- Anderen sagen, was sie zu tun oder zu lassen haben
- Reden, um gehört zu werden
Meine Hausaufgaben hinter den Kulissen ist aktive Denkarbeit. Das kann projektbezogen sein, häufig ist es aber das Denken ganz allgemein.
Das bedeutet für mich:
- Beobachten: Was passiert tatsächlich? (Und nicht ‚Was reden wir uns gerne herbei?‘)
- Passiv Zuhören: Über was wird gesprochen? Was und wie erleben andere die Welt und welche Schlüsse ziehen sie?
- Abstrahieren: Wie passen all die Beobachtungen auf der Metaebene zusammen?
- Detaillieren: Wie wirkt sich das „Big Picture“ auf die kleinsten Alltagsentscheidungen aus?
- Zweifeln: Passen Ziele und Vorgehensweise zusammen? Mache ich gerade „das Richtige“?
- Zuversichtlich zusammenzuführen: Wie können die unterschiedlichen Symptome zu einer positiven Zukunft beitragen?
- Erspüren und vor der Welle schwimmen: Wie tickt der Zeitgeist? Was kommt als Nächstes? Wie wirken sich welche Trends aus? Was soll passieren?
- Experimentieren, kalkulierte Risiken eingehen, und Ideen wieder verwerfen.
- Vorleben, um zu verstehen: Was funktioniert wirklich und was ist nur frommes Wunschdenken?
- Denken: Wie könnten die Dinge zusammengehören?
- Analogien finden, visualisieren und analysieren, um Sachverhalte anschaulich zu erklären.
- Hypothesen aufstellen und verifizieren (manchmal auch falsifizieren), um Wissen, Intuition und Fakten sinnvoll miteinander zu verbinden.
Das ermöglicht es mir Mehrwert zu schaffen
Nur so kann ich:
- Die richtigen Fragen stellen und direkt zum Kern vordringen
- Ohne Umschweife ein tiefgreifendes Kundenverständnis aufbauen
- Schnell und gezielt, die richtigen Hebel ansetzen
- Mit jedem Kunden ein maßgeschneidertes Konzept ausarbeiten, das wirklich die Veränderung bringt, die hilft.
- Stimmigkeit erzielen, die überzeugt und motiviert
- Sicherstellen, dass ein Projekt effektiv wirkt
- Die Menschen gerne mitmachen, sich einbringen und Veränderungen vorantreiben
- Lösungen nachhaltige Erfolge bringen
und ganz wichtig: Meinen Beitrag zu einer besseren Zukunft leisten.
Eigenständige Gedanken
Ich liebe es, mit anderen Menschen zu arbeiten. Es gibt mir Genugtuung, zu helfen und großartige Projekte zu ermöglichen. Ich blühe auf im Kontakt mit anderen.
Ich kann daher gut verstehen, dass Viele die Beratung als eine Möglichkeit sehen, „etwas mit Menschen“ zu machen.
Teil der Wahrheit ist jedoch, dass Beratung auch bedeutet, sich zurückzuziehen, allein zu sein und sich eigene (und nicht aufgewärmte) Gedanken zu machen.
Für mich ist eine wichtige Beraterfähigkeit, Vorstellungskraft zu entwickeln und sich philosophischen Aspekten zu widmen. Die Kunst ist es, darin nicht zu verharren, sondern die eigenen Gedanken wieder in Frage zu stellen und mit der Realität, Zahlen, Daten und Fakten unter einen Hut zu bekommen. Mit neuen Gedanken zu inspirieren und dann gemeinsam zu einem neuen Narrativ zu gestalten, aus dem dann mit Handwerkszeug neue Welten entstehen.
Aktives Lernen aus und mit der Außenwelt ist für mich wichtig. Das „Gelernte“ will ich aber verarbeiten und dabei mit meinen eigenen Anschauungen „veredeln“.
Vieles in der Beraterarbeit ist nicht sichtbar. Die Arbeit mit dem Kunden ist sozusagen nur die Spitze des Eisbergs. Einen Großteil meiner Zeit verbringe ich nicht in der Geschäftigkeit, sondern mit „aktivem Denken“. Meine „stille Zeit“ ist die Investition in die Zeitersparnis und Erkenntnis, die der Kunde dann in der Zusammenarbeit erfährt.
Die Zeit, die ich dann mit den Menschen im Kundenunternehmen verbringe, ist dann 100% Qualitytime, die echten Mehrwert schafft und wertschöpfend ist. Und das gibt mir das Gefühl, einen erfüllenden Job zu machen, den ich liebe.
Persönliches Portrait Irina Hagen
Hätte ich damals gedacht, dass ich 10 Jahre erfolgreich am Markt durch mehrere Krisen ein Beratungsunternehmen leiten kann? Nein, wohl eher nicht.
Damals bin ich eher naiv an die ganze Sache herangegangen und hab die ein oder andere Wand geküsst, bzw. sie mich – ohne zu fragen 😉 Um so mehr freut es mich heute als „𝒎𝒖𝒕𝒊𝒈𝒆 𝑽𝒐𝒓𝒅𝒆𝒏𝒌𝒆𝒓𝒊𝒏, 𝒊𝒏𝒔𝒑𝒊𝒓𝒊𝒆𝒓𝒆𝒏𝒅𝒆 𝑮𝒆𝒔𝒕𝒂𝒍𝒕𝒆𝒓𝒊𝒏 𝒖𝒏𝒅 𝒑𝒓𝒂𝒈𝒎𝒂𝒕𝒊𝒔𝒄𝒉𝒆 𝑽𝒐𝒓𝒎𝒂𝒄𝒉𝒆𝒓𝒊𝒏“ beschrieben zu werden.
Harte Arbeit und Freude am Nachdenken, Hinterfragen und Lernen haben mich dorthin gebracht.
Mehr darüber, was mich zur Gründung inspiriert hat, erfahrt in diesem Blogbeitrag.