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Mythos Fachkräftemangel Teil 2

Nachdem ich im letzten Artikel über die Gefahr der selbsterfüllenden Prophezeiung bzgl. des Fachkräftemangel-Glaubens hingewiesen habe, schauen wir uns heute an, wie Talente in einem hart umkämpften Markt gewonnen werden – trotz Fachkräftemangel.

Die gute Nachricht ist, dass das Angebot zwar knapp ist, aber die Wechselwilligkeit ist ungebrochen hoch. Laut der Job-Studie von EY zeigen 48 Prozent der Beschäftigten Interesse an einem Arbeitgeberwechsel. Wie Sie verhindern, dass Ihre besten Leute sich anderweitig umschauen, lesen Sie im nächsten Blogbeitrag.
Zunächst schauen wir uns an, wie Sie die richtigen Kandidaten und Kandidatinnen für sich gewinnen.

Grundsätzlich gibt es viele Kanäle und eine schier endlose Liste an Maßnahmen. Ich spreche nicht über Employer Branding, Benefits oder Prozesseelemente, sondern über die Erhöhung der Attraktivität einzelner Positionen und Möglichkeiten, Kapazität zu schaffen. Mir geht es hier eher um eine generelle Betrachtung insbesondere für schwer zu findende, hochqualifizierte Rollen.

Die intensive Auseinandersetzung mit der Vakanz ist die Basis jeglicher Recruitingarbeit.

Es ist unabdingbar, dass das Recruiting Team, sich mit jeder Funktion und der Situation der Kollegen genauestens auskennen und sicher stellen, dass alle Hintergründe und Herausforderungen im Arbeitsalltag der Rolle bekannt sind. Sind Recruiter nur oberflächlich mit den inhaltlichen Aspekten vertraut, bringt das Recruiting keinen Mehrwert und Recruitingmaßnahmen verpuffen. Allgemeinplätze, Binsenweisheiten und leere Phrasen sind kontraproduktiv und schrecken eher ab.

Game Changer

Gerade bei „selbsterklärenden“ Rollen, (Steuerberatung, zertifizierte Scrum Master oder Augenarzt, etc.) kann eine differenzierte Stellenbeschreibung Wunder wirken, denn jede Neueinstellung ist anders, da der Kontext sich ständig verändert, z.B. Strategische Ziele, Unternehmenskultur, Teamaufstellung. Wer diese Rollen innehat sucht explizit nach weiterführenden Informationen, um den Jobwechsel zu überlegen und wird sich dorthin wenden, wo diese zu finden sind.

Ich eine große Verfechterin von fundierten Rollenprofilen und durchdachten Stellenausschreibungen. Je intensiver sich Führungskraft und Recruiter mit der Stelle auseinandersetzen, desto prägnanter wird der USP, also das, was diesen Job für eine ganz bestimmte Zielgruppe spannend macht. Die hier investierte Energie amortisiert sich im Laufe Zeit um ein Vielfaches. Man findet schneller die Richtigen, verbringt weniger Zeit in unqualifizierten Gesprächen, kommt eher auf eine persönlicher Ebene mit den Kandidaten und Entscheidungszyklen verkürzen sich. Mitarbeitende haben es leichter Kollegen zu empfehlen, wenn sie etwas mehr in der Hand haben, als nur Buzzwords.

Auf Basis einer ausgefeilten Stellenbeschreibung kann dann je nach Kanal eine überzeugende Ausschreibung erarbeitet werden, z.B. für Mitarbeiterempfehlungsprogramme, Active Sourcing, Headhunter-Briefings, Social Media, und die klassischen Jobportale.
Auch wenn sich nur wenige potentielle Kandidaten auf den einschlägigen Plattformen tummeln, empfiehlt es sich, den „Vielleicht-Interessierten“ und Suchenden den roten Teppich auszurollen und den Bewerbungsprozess so bequem wie möglich zu gestalten. Denn Gelegenheit macht Bewerber. Ich habe häufig erlebt, dass sich Leute gemeldet haben, die gar nicht vorhatten, sich einen neuen Job zu suchen, aber durch ein spontanes „mal schauen“ auf eine Ausschreibung gestoßen sind, die sich vom allgemeinen Blabla so abgehoben haben, dass man es einfach mal probieren wollte.

7 Recruiting Hacks für mehr Attraktivität der einzelnen Rollen

Ein paar Kniffe, wie man Positionen so faszinierend macht, dass potentielle Traumkandidaten gar nicht widerstehen können und wie die richtigen Fachkräfte zu gewinnen sind.

Recruiting Hack 1: Storytelling und Heldenreise

Egal ob im persönlichen Gespräch, auf der Karriereseite oder in der Stellenausschreibung. Content is King, Context is Queen. Und wie die meisten wissen, braucht der König die Königin und umgekehrt, sie gehören zusammen.

Kontext bedeut in diesem Fall, dass jede Rolle eingebettet ist in ein Gesamtkonstrukt. Menschen möchten gerne Teil von etwas Bedeutsamen sein und ihre Selbstwirksamkeit erleben. Nicht nur irgendetwas Größerem, sondern etwas, dass ihnen persönlich wichtig ist. Manche nennen es Purpose, doch ich möchte nicht so weit gehen. Im Unternehmen ist es unwahrscheinlich, dass alle ihrem ganz individuellen Lebenszweck, also ihren Purpose, ausleben können, dennoch soll die eigene Arbeit sichtbaren Mehrwert erzeugen.

Content meint, dass sowohl die Beschreibung der Organisation als auch der einzelnen Rollen aussagekräftigen Inhalt widerspiegeln, nicht nur die üblichen nichts sagenden Buzzwords.

Ich nutze gerne die Elemente der Heldenreise nach Vogler, wenn ich die Geschichte des Unternehmens mit der Organisation zusammen herausarbeite. Fragen, die ich mir z.B. stelle sind, welches Abenteuer steht an, was sind Herausforderungen, wer sind Weggefährten und Alliierte? Wer (im Business auch oft was) sind die Widersacher (z.B. fehlende IT Infrastruktur), welche Mentoren und Vorbilder gibt es? (Wir wollen so sein wie Spotify oder wir wollen wie Amazon sein, aber freundlicher, ), welche Prüfungen und Wegkreuzungen gibt es? Welche Waffen (Methoden und Fähigkeiten) braucht es? Wie sieht die neue Welt in der Zukunft aus?

Sind diese Fragen für das Gesamtunternehmen geklärt, kann das auf die einzelnen Rollen runtergebrochen werden. Mir ist bewusst, dass die Erstellung von Stellenbeschreibungen eine lästige und ungeliebte Aufgabe ist. Ich stoße nicht gerade auf Gegenliebe, wenn ich Führungskräfte um eine Überarbeitung bitte. Warum Zeit in etwas investieren, was schon da ist. Doch durch die Arbeit auf der Metaebene mit einer praktischen Verbindung in den tatsächlichen Alltag, entstehen oft unterschiedliche Beschreibungen, was faktisch gebraucht wird. Am Ende werden völlig neue Aspekte ans Tageslicht befördert, die die Stelle einzigartig und begehrenswert macht – für die Zielgruppe. Führungskräfte entdecken eine neue Begeisterung, da diese Arbeit Ihre Führungsarbeit enorm erleichter. Die Mutigen entwickeln daraus eine Teamaufgabe, was eine unfassbare Teambildungskraft in sich trägt. Bei der Erstellung der Rollenprofile für frischgebackenen Kollegen wird die eigene Relevanz im Team deutlich. Teammitglieder lernen, dass Helden und Heldinnen vielfältig aussehen und alle gleich wichtig sind. Jeder und jede zählt und gewinnen kann man nur zusammen.

Fragen, die beantwortet werden sind: Warum ist diese eine Rolle so unentbehrlich für das Gesamtbild? Was fehlt, wenn es diese Position nicht geben würde? Gerne arbeite ich mit der Job Role Canvas.

Manchmal braucht es die Schleife über den Betriebsrat, doch sind diese meistens positiv überrascht und stimmen den Änderungen gerne zu. Die Stelle ändert sich nicht, aber durch den Kontext und die inhaltliche Vertiefung wird sie verständlicher und attraktiver.

Recruiting Hack 2: Sich auf das Wesentliche konzentrieren statt der eierlegenden Wollmilchsau
Wenn Stellen aus Budgetgründen gestrichen werden, wird oft versucht, Profile zusammenzufassen: Die technische Expertin, die aber auch die Admin und den Support machen soll. Natürlich auch die Entscheidungsvorlage für den Vorstand. Projektleitung auf globaler Ebene gehört selbstverständlich dazu. Die tatsächliche Expertin, die die entsprechenden Qualifikationen mitbringen würde, wird sich darauf nicht bewerben, weil ganz klar herauszulesen ist, dass man in diesem Job nicht erfolgreich werden kann. Diejenigen, die zur Verfügung stehen, haben den Job und die Herausforderungen nicht verstanden und disqualifizieren sich schon von vornherein.

Hier ist wieder eine Prise nicht ernstgemeinter Bissigkeit drin. Es zeigt gleichwohl, wieso sich die Pipeline nicht mit geeigneten Kandidaten füllt.

Das Wichtigste in einer Stellenausschreibung ist Stimmigkeit. Manchmal ist mit wenigen Punkten alles beschrieben, weil sich der Rest daraus ergibt. Auch hier hilft wieder die Heldenreise und die Role Design Canvas. Um was geht es es genau, was soll warum erreicht werden. Welcher Mehrwert soll erreicht werden. Warum ist welche Kompetenz wichtig? Was kann jemand mit Hochschulabschluss besser als jemand, der nur eine Ausbildung vorweist? Warum genau braucht es Teamspirit? Wie wird die Kommunikationsfähigkeit eingesetzt? Dass ein Verkäufer gut verkaufen sollte, muss nicht erwähnt werden. Aber wie genau sieht Verkauf in dieser Rolle aus? Wann fängt Verkauf an und wo hört er auf? Wie wird Qualität im Verkauf gemessen.

Recruiting Hack 3: Expertenrollen mit anspruchsvollen Zielen ausschreiben statt rigide Funktionsbeschreibungen

Stellenausschreibungen sind ein Marketing-Instrument und kein Fact Sheet, in dem jede Kleinigkeit ausgewiesen sein muss. Oft wird Stellenbeschreibung, die zur Evaluierung genutzt werden genau so ausgeschrieben. Aufgaben ändern sich ständig und haben in einer Ausschreibung nichts verloren. Welche Ziele werden gesetzt und wie hänge diese Intentionen mit den Zielen des Teams und der gesamten Organisation zusammen. Was soll nach einem Jahr in der Rolle anders sein oder weiterhin sichergestellt werden unter welchen Voraussetzungen? Woran erkennt man, dass man im Job erfolgreich ist? Wie sieht ein gutes Ergebnis aus und wie sieht ein sehr gutes Ergebnis aus? Wie bestimmen Rahmenbedingungen den Spielraum?

Die Ziele auf der Metaebene haben der Rolle einen Sinn. Um fesselnd zu sein, brauchen Sie einem konkreten Bezug zum Alltag. Wichtig ist, was erreicht werden soll. Statt „Reports erstellen“ lieber „Transparenz und Entscheidungsbasis sicherstellen durch regelmäßiges Reporting“.

Recruiting Hack 4: Sichtbarkeit des Job Potenzials erhöhen
Vorsicht vor ungünstigen Formulierungen und einer trockenen Liste von Aufgaben, die keiner mag. Ich habe oft erlebt, dass sich die tollsten Jobs sich lesen, wie eine Strafversetzung. Veraltet, lieblos, wirr. Oft wird sich darauf konzentriert, was benötigt wird und die Liste an Anforderungen ist länger als die Job Beschreibung. Jeder Job beinhaltet Traumjobkomponenten für das Best Match. Damit meine ich nicht die allgemeinen Benefits, sondern ganz explizit, das, was den Job zum Traumjob macht.

Egal in welchem Kanal, Teamleiter und Recruiter sind gut bedient, wenn sie die konkreten Jobpotentiale aus dem FF formulieren können.

Von außen ist oft nicht erkennbar, welche Chancen und Potenziale der Job bietet und für wen der Job geeignet ist. Birgt es ein Sprungbrett für ein neues Karrierelevel (mehr als andere Jobs), führt der Job zu hoher Visibilität im Unternehmen, Wieviel Selbstverwirklichung und Kreativität ist möglich? Mit welchen herausragenden Persönlichkeiten wird gearbeitet? Ermöglicht der Job mir Familie, Hobby und Pferd gut ins Arbeitsleben zu integrieren?
Die Antworten sind oft nicht bewusst, erhöhen aber die Attraktivität und die Wechselwilligkeit deutlich.

Recruiting Hack 5: Teilzeit und Jobsharing

In der Debatte um Headcounts kommen Teamleiter oft in die Bredouille, wenn sich Teilzeitkräfte bewerben. Hier braucht es ein Umdenken.
Erfahrene Fachkräfte bevorzugen gegebenfalls eine entspannte Routine, wenig Überstunden, ohne an Bedeutung zu verlieren. Sie bringen der Firma mit ihrem geschulten Blick und souveräner Art immensen Mehrwert.
Der Markt ist voll von Menschen, die sich solche Gedanken machen und auch in fortgeschrittenem Alter neuen Herausforderungen stellen. Aber eben zu anderen Bedingungen. Dies öffentlich zu formulieren, eröffnet einen ungeahnten Marktanteil.

Im nächsten Beitrag spreche ich mehr über die internen Möglichkeit.

Recruiting Hack 6: Peanuts and Monkeys

Das Gehalt ist ein Hygienefaktor und steht nach wie vor unter den wichtigsten Kriterien für einen neuen Job. Gehälter haben sich in den letzten Jahren drastisch geändert, ob man das nun gerecht und angemessen empfindet oder nicht. Es ist, was es ist. Es ist eine alte Weisheit, wer zu wenig bezahlt bekommt auch schlechte Qualität. Einfacher ausgedrückt: Wer billig kauft, kauft zweimal. Es braucht dann nicht nur eine Person, sondern andere Müssen die mangelnde Passung ausgleichen.

Mir ist bewusst, dass Tarifverträge oft nicht mehr hergeben oder dass bisherige Teamgefüge gesprengt werden. Es haben sich nicht nur die Gehälter geändert, sondern auch die Rollen selbst. Sie sind in der Regel entweder sehr viel komplexer geworden (z.B. durch einen erhöhten Kommunikations- und Abstimmungsgrad) oder sehr viel einfacher (z.B. durch Automatisierung).

Wurde eine Rolle vor 5 Jahren das letzte Mal bewertet, ist sie mit Sicherheit nicht mehr dem neuesten Stand. Oft lässt sich durch eine neue Bewertung, die Tarifgruppen Zugehörigkeit ändern.
Auch das Teamgefüge muss in solchen Fällen neu bewertet werden. Faire Arbeitgeber bezahlen für eine über die Jahre erweiterte Rolle auch die Erweiterung und nicht nur die üblichen 2% im Jahr.

Wer mit satten Gehaltserhöhungen lockt, wenn man erstmal an Bord ist und sich eingearbeitet hat, zahlt meist einen hohen Preis. Neuankömmlinge merken sehr schnell, wie der Hase läuft, und ziehen entsprechende Konsequenzen. Entweder sie gehen gleich zur Konkurrenz oder passen ihre Leistung der Bezahlung an. Bleiben sie im Unternehmen, macht sich oft Zynismus und Misstrauen breit, was das ganze Team negativ beeinflusst.

Recruiting Hack : Die richtigen KPIs bringen den Erfolg.

Die Anzahl der Kandidaten in der Pipeline ist immer noch einer der beliebtesten Kennzahlen im Recruiting. Leider zeigt sie oft nur die Ineffizienz, aber nicht die Qualität. Idealerweise hat man eine Bewerbung und einen Traumtreffer und eine Entscheidung, die vom Eingang der Unterlagen bis zum Vertragsabschluss nur wenige Tage dauert. Eine volle Pipeline ist meist eher ein Zeichen für eine Allerweltsausschreibung, auf die sich alles und nichts bewirbt, und ein ineffizienter Prozess, in dem Kandidaten zu lange vor sich hin dümpeln.

Bessere Kennzahlen und wertvolle Erkenntnisse sind aber z.B. Tage im Workflow (möglichst wenig), Wann fallen die meisten raus und warum, Wie viele Neueinstellungen werden im Laufe der nächsten zwei Jahre befördert. Wie ist die Candidate Experience, also die Zufriedenheit der Kandidaten im Prozess (z.B. durch eine automatische Umfrage)

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